Felix Jaehn
Viktor Schanz
Felix Jaehn

Felix Jaehn: Bi-Ikone der deutschen DJ-Szene

Es war ein langer Weg, bis Felix Jaehn strahlend auf den deutschen und österreichischen CSD-Bühnen stehen konnte. Wie es für ihn war, auf dem Land aufzuwachsen und bisexuell zu sein, lest ihr hier.

Felix Jaehn
Fifou
Felix Jaehn

Er hat sich lange versteckt - Felix Jaehns Coming Out-Geschichte

Vielleicht wäre Felix Jaehns Geschichte anders verlaufen, wenn er in der Großstadt aufgewachsen wäre. Denn er ist zwar in Hamburg geboren, dann aber auf in einem kleinen Dorf in der Lübecker Bucht aufgewachsen. Und das hat sein Coming Out auf jeden Fall beeinflusst.

In einem Interview hat er erzählt, dass ihm von klein auf vorgelebt wurde, dass es falsch wäre, wenn Jungs andere Jungs lieben würden. Als er dann als Teenager merkte, dass er nicht nur an Mädchen interessiert ist, hat er erstmal dichtgemacht. In einem Alter, in dem alle ihren Platz in der Welt suchen und dabei versuchen so wenig wie möglich aus der Masse herauszustechen, war seine Angst, dass jemand entdecken könnte, dass er anders ist, besonders groß.

Felix‘ Geschichte kommt sehr vielen bestimmt bekannt vor. Denn sie ist eine, die sehr viele – vor allem queere Jugendliche, die auch auf dem Land aufgewachsen sind – teilen. Diversität und Toleranz ist in den ländlichen Regionen Deutschlands schlicht und einfach noch nicht so sehr verbreitet wie in den Großstädten.

In meiner Heimat gab es weder in meiner Schule noch in meinem Freundeskreis, meiner Familie oder meinem Sportverein auch nur einen queeren Mann!
Felix Jaehn über das Aufwachsen als queere Person auf dem Land
Felix Jaehn
Mats Bohle / Universal Music
Felix Jaehn

Nach dem Abi ist er dann mit 18 vom kleinen Dorf sofort in die riesige Metropole nach London gezogen um zu studieren. Zwei Jahre später hatte er seinen musikalischen Durchbruch mit seinem Remix zu Cheerleader. Der ging sogar in den USA auf Platz 1 der Charts. Damit ist Felix der erste deutsche Künstler dem das gelungen ist, seit 1989 Milli Vanilli.

Der plötzliche, weltweite Ruhm hat ihn sehr unter Druck gesetzt, wie er in einem Interview erzählt hat. So sehr, dass er eine lange Zeit mit Panikattacken zu kämpfen hatte. Grund dafür war auch, dass er weiterhin um seine Sexualität ein Geheimnis machte. Interviewfragen zum Thema wich er immer bewusst aus, und auf der Bühne achtete er darauf wie er tanzte, weil er dachte sonst würde er sich verraten.

So ging das 3 Jahre lang, bis zu seinem ersten Album. Das hieß „I“ und war für ihn Anlass, sich selbst zu reflektieren und „sein ganzes Ich zu zeigen“. Ein Song auf dem Album beschreibt sein früheres Innenleben besonders gut, in „Don’t Say Love“ singt er

I’m afraid of what I feel / You are ready / Am I ready?

Ich habe Angst vor dem was ich fühle / Ihr seid bereit / Bin ich bereit?

Felix war bereit, denn in einem Interview eine Woche nach der Veröffentlichung seines Debütalbums, outete der sich dann als bisexuell und meinte ab jetzt hat er einen neuen Traum:

Ich träume davon, den Menschen zu finden, mit dem ich mein Leben teilen möchte.
Felix Jaehn über seinen Lebenstraum
Bisexuell Pride Fag
Bisexuell Pride Fag

Was bedeutet es bisexuell zu sein?

Die Meisten verstehen darunter, dass eine Person sich sowohl zu Frauen als auch zu Männern hingezogen fühlt. Das ist allerdings nicht die komplette Wahrheit. 

Bisexualität - kurz Bi - umfasst die emotionale, romantische und sexuelle Attraktion zu mehr als einem Geschlecht. Das kann heißen, dass sich eine Person nur zu den zwei Geschlechtern des binären Geschlechtersystems - Männer und Frauen - hingezogen fühlt. Da Geschlecht nun mal aber nicht nur binär ist, schließt Bisexualität auch nicht-binäre Menschen mit ein.

Das wird auch repräsentiert in der Bi Pride Flag. Diese wurde 1988 von Michael Page entworfen und besteht auf drei horizontalen Streifen in den Farben Pink, Lila und Blau. Der mittlere lila Streifen ist dabei deutlich dünner als der pinke und blaue Streifen.

Der pinke Streifen steht hierbei für gleichgeschlechtliche Liebe, der blaue Streifen für die Liebe zu einem anderen Geschlecht als dem eigenen und der lila Streifen repräsentiert Liebe zu einem Menschen, egal wo dieser sich auf dem Geschlechterspektrum befindet.

Im Gegensatz zur Pansexualität spielt das Geschlecht einer Person bei der Attraktion eine Rolle. So kann die Ausprägung und Art der Attraktion zwischen den Geschlechtern für manche teilweise unterschiedlich sein.

Felix Jaehn CSD Berlin 2019
Stefan Lohmann
Felix Jaehn CSD Berlin 2019

Der Weg auf die CSD Bühnen

Jetzt, wo er sich nicht mehr verstecken muss, will Felix auch anderen Menschen Mut machen und ein Vorbild sein, das Vorbild was er als Teenager auf dem Dorf vor einigen Jahren gebraucht hätte.

So verarbeitet er beispielsweise queere Themen in seinen Texten, wie in seinem Song „Love On Myself“, den er mit Callum Scott – selbst auch offen schwul – geschrieben hat.

Oh I couldn't be who I wanted to be / Being myself was a struggle for me / But falling in love, it was all that I need [Oh, ich konnte nicht sein, wer ich sein wollte / Ich selbst zu sein, war ein Kampf für mich / Aber mich zu verlieben, war alles, was ich brauchte]

2019 dann eines seiner größten Highlights: Er tritt beim Christopher Street Day in Berlin vor dem Brandenburger Tor auf. Es war lange nicht die größte Bühne, die er jemals gespielt hat, aber für ihn mit Abstand eine der wichtigsten, denn es ist das erste Mal, dass er überhaupt den Mut hat zu einem CSD zu gehen.

Dieses Jahr trat er dann wieder bei einem CSD auf, diesmal in Wien, der lief 2023 unter dem Motto "Together We Rise". Gemeinsam mit Conchita Wurst trat er dort vor 300.000 Menschen aus dem Rathausplatz von Wien auf. 

Ich bin früher nicht auf solche Paraden gegangen. Man hätte mich ja sehen können. Deswegen ist es jetzt umso schöner, frei und fröhlich mitfeiern zu können.
Felix Jaehn über CSD-Paraden